Die Fertigung im Steuerungs- und Schaltanlagenbau ist heute in der Regel noch von viel Handarbeit geprägt. In Zeiten fortschreitender Digitalisierung und wachsendem Fachkräftemangel müssen neue Fertigungsmethoden und Engineering-Prozesse immer schneller, präziser und wirtschaftlicher erfolgen. Die Steigerung des Automatisierungsgrades und die Ausschöpfung der Möglichkeiten heutiger Digitalisierungsansätze bieten hierbei enorme Hebel zur Effizienzsteigerung. Gerade im Bereich der Verdrahtung beanspruchen die vielen manuellen Tätigkeiten der mechanischen Kabelverarbeitung einen großen Arbeitszeitanteil! Doch wie sieht die Umsetzung in der Praxis aus? Ein Gespräch mit André Rose von BN Automation AG mit Weidmüller über den Einsatz des WPC Wire Processing Center (WPC).
Gerade die Kabelkonfektionierung, Verdrahtung und Markierung gehören nach wie vor zu den zeitintensivsten Tätigkeiten im Schaltschrankbau. Zwar gibt es vollautomatisierte Systeme für die Großserienfertigung, diese rechnen sich in der Regel aber nur bei hohen Stückzahlen. Für das Projektgeschäft des Schaltschrankbauers lohnen sich diese nur selten. Viele Unternehmen suchen daher nach profitablen, assistierten Lösungen. So auch die Firma BN Automation AG aus Thüringen, eines der führenden Ingenieurunternehmen in der Prozessindustrie. BN Automation AG ist Spezialist für Automatisierung, Datenlösungen und Informationstechnik.
„Wir waren schon seit längerer Zeit auf der Suche nach assistierten Lösungen für die Kabelkonfektionierung“, erklärt André Rose, Leiter Schaltanlagenbau bei BN Automation AG und fährt fort, „Durch verschiedene vorangegangene Projekte bei uns im Haus haben wir die Möglichkeiten geschaffen, auch das Thema Digitalisierung in der Schaltschrankmontage voranzutreiben und es Schritt für Schritt in der Fertigung umgesetzt.“
Dafür hat sich das Unternehmen intensiv mit bestehenden Systemen am Markt und den jeweiligen Vorteilen auseinandergesetzt. Ziel war eine Vereinfachung der bestehenden Prozesse.
„Was uns noch fehlte, war eine Lösung, um die zeitaufwändigen Arbeitsschritte in der Kabelbearbeitung zu optimieren“, erinnert sich Rose. „Die Kabel sind praktisch noch per Hand konfektioniert, abisoliert und gecrimpt worden. Wir suchten deshalb nach einer geführten Lösung, mit der wir den gesamten Prozess in einem Arbeitsvorgang realisieren konnten.“
Wichtig ist uns vor allem Flexibilität Wir müssen Drähte, Kabel und Querschnitt kurzfristig und zwischen den Projekten konfektionieren können. Und genau das bietet uns das WPC.
Die Brücke zwischen Vollautomatisierung und reiner Handarbeit schlägt Weidmüller mit seinem Wire Processing Center (WPC) – perfekt aufeinander abgestimmte Komponenten, die auf einem fahrbaren Werktisch Platz finden. Das WPC verbindet bewährte Einzelkomponenten zu einem modularen Konfektionierungssystem bestehend aus Ablängautomaten, Abisolier- und Crimpautomaten sowie Industriedruckern.
„Einige Produkte waren uns natürlich bereits bekannt, aber erst auf der Messe SPS – Smart Production Solutions – in Nürnberg haben wir diese bei Weidmüller in Kombination als ganzheitlichen Lösungsansatz gesehen, sodass man damit einen durchgängigen Arbeitsablauf ausführen kann. Also vom Draht ablängen, bearbeiten und letztendlich den Draht fertig konfektionieren“, führt Herr Rose aus. „Das sah richtig gut aus, was wir auf der Messe gesehen haben. Wir haben uns daraufhin näher mit dem Wire Processing Center beschäftigt – nicht nur mit dem mobilen Arbeitsplatz, sondern insbesondere auch mit der Software und dem dahinterliegenden Konzept der Datendurchgängigkeit“.
Auch die flexiblen Einsatzmöglichkeiten des WPC haben BN Automation AG überzeugt: Hierbei insbesondere die Möglichkeit, dass alle WPC-Komponenten im Stand-Alone-Modus auch in ihrer jeweiligen Einzelfunktion genutzt werden können. Selbst kurzfristige Änderungen, wie sie im Projektgeschäft häufig auftreten, können direkt am WPC vorgenommen werden. Der Anwender kann jederzeit völlig flexibel zwischen der rein manuellen Bedienung und der softwaregesteuerten Prozessabfolge im Systemansatz wechseln. Situationsbedingt kann somit schnell und höchstflexibel auf die ideale Prozessabfolge reagiert werden.
„Die Ergebnisse haben uns bereits sehr früh überzeugt. Selbst in einer Phase, in der wir das WPC noch nicht in voller Kapazität nutzten“, freut sich Rose. „Wir haben erst einmal getestet, wie man die Daten synchronisiert und auswertet: Wie erzeugt man die Daten, kann man sie vielleicht zwischendurch bearbeiten, wie können sie modifiziert werden, in welcher Art und Weise und wie bringe ich sie dann an den Arbeitsplatz zur Verarbeitung? Hier hat uns die Weidmüller Lösung von Anfang an überzeugt, ganz unabhängig davon, wie praktisch das Arbeiten am WPC ist, sondern wie einfach wir die Daten bewegen können.“ Die Software WPC-Tool gewährleistet dabei die optimale Datendurchgängigkeit. Auf diese Weise können Daten aus der Planungsphase einfach an das WPC übertragen werden. Daten können direkt aus EPLAN oder CSV-Dateien eingelesen oder auch manuell eingegeben werden. Aus der Planungssoftware können diese dann über ein firmeneigenes Netzwerk direkt an das WPC übertragen oder mittels USB-Stick transferiert werden. Vor der Übertragung erfolgt in der Software ein Konsistenzcheck der Daten, sodass nur 100 % reife Daten an das WPC übertragen werden. Die Aufträge lassen sich auf einem 15“-Touchscreen Display bequem visualisieren und filtern. So navigiert die intuitiv bedienbare Software am WPC den Nutzer und führt ihn durch die korrekte Abarbeitung beim Konfektionierungsprozess. Mit der teilautomatisierten Kabelkonfektionierung kann dieser Prozess um bis zu 80 % effizienter gestaltet werden. Mit dem Starten der Prozessfolge werden simultan der Ablängautomat und der Drucker gestartet. Besonders lobte Rose die partnerschaftliche Zusammenarbeit: „Die Kollegen von Weidmüller haben uns über den gesamten Entwicklungsprozess begleitet. Natürlich gab es Anlaufschwierigkeiten, die wir aber immer gemeinschaftlich lösen konnten. Wir konnten unser Feedback mit einbringen, was Weidmüller sofort aufgegriffen hat und mit ins Projekt integrierte. Das hat uns sehr gut gefallen“.
Auch Sebastian Reike, Produkt Support Manager, der von Seiten Weidmüller das Projekt begleitet, betont: „So stellen wir uns eine aktive, partnerschaftliche Zusammenarbeit vor. Es hat unheimlich viel Spaß gemacht, dieses Kundenprojekt umzusetzen. Wir freuen uns schon drauf, den nächsten Schritt zu gehen und weitere Projekte zu realisieren.
Ein weiterer Pluspunkt des WPC: Mit dem Einsatz konnte die Qualität der zuvor umständlich per Hand konfektionierten Kabel signifikant verbessert werden. Ob morgens zum Arbeitsstart oder abends in der Spätschicht, die Qualität der Arbeitsergebnisse kann über den gesamten Arbeitstag konstant hochgehalten werden.
„Durch die Einführung des WPC sind die Prozesse in der Fertigung schon deutlich effizienter“, fügt Rose hinzu. „Wir können besser mit Ressourcen und Fachkräften planen. Durch den modernen Arbeitsplatz und die digital geführten Arbeitsschritte müssen wir nun nicht mehr Facharbeiter mit der Kabelkonfektionierung betrauen, sondern können diese mit wichtigeren Projekten beauftragen.“ Dabei ist BN Automation AG kein Serienhersteller von Schaltschränken, sondern jede Fertigung ist ein Unikat. Jedes Mal ein anderer Aufbau – jedes Mal andere Bauteile – jedes Mal andere Draht- und Kabelarten.
Deshalb war man anfangs noch zögerlich, ob sich so eine Anschaffung mit nicht ganz geringen Investitionskosten rentiert. Heute ist BN Automation AG davon überzeugt, den richtigen Schritt gegangen zu sein.
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Ümit Kaya
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